Schämt euch, ihr Schlampen

Ich schäme mich auch. Jetzt schon, nicht alleine dafür, dass ich den Titel für diesen Text geklaut habe, sondern dafür, dass er nicht mal stimmt und vor allem dafür, wieviel Zeit ich heute mit dem Lesen von seltsamen Artikeln und vor allem noch seltsameren Kommentaren zugebracht habe. Aber das schafft teilweise unterhaltsame und teilweise erschreckende Einblicke in die Denkweise einiger Mitmänner und Mitmännerinnen Mitfrauen. Und jeder sei eingeladen, diese Einblicke selbst nachzuvollziehen, da ich nicht vorhabe, allzu viel daraus zu zitieren:

Unter dem Titel “Schämt euch, ihr Schlampen!” schrieb Deniz Yücel einen mäßig lustigen, satirisch gemeinten Beitrag über das Ausscheiden der Deutschen Mannschaft bei der Frauenfussball-WM. Lustig und spannend bzw. satirisch wird das ganze erst, wenn man weiß, dass er dies auf taz online tat. Was eine wahre Flut empörter Kommentare hervorrief, die zum Teil so offen rassistisch waren, dass man sich schnell fragte, ob hier wirklich Leser der taz am Werk waren oder ob sich irgendwelche externen braunen Kolonnen eingeschlichen haben. Ich tippe auf letzteres – erschreckend bleibt es dennoch. Wenigstens die taz selbst hat dabei jedoch ihren Humor nicht verloren.

Und dann schreibt Eberhard Straub auf den Seiten von dradio einen Artikel über die Rolle der Frau und ihr Opfergehabe, dass man sofort meint, dass man es schon wieder mit schlechter Satire zu tun hat. Anscheinend war es traurigerweise wohl keine, worauf sich frau berechtigterweise aufregt. Und sogleich zeigt, dass auch Frauen in der Lage sind, ausgemachten Unsinn in diesem Fall als ewiggestrige feministische Polemik in Buchstaben zu pressen. Welche Geisteshaltung da anscheinend am Werke ist, sieht man daran, dass quasi en passant gleich noch der Rechtsstaat in Frage gestellt wird.

Und somit ist der Gewinner des Tages: ein Mann. Nämlich Udo Vetter, der zumindest das Verhältnis zur Rechtstaatlichkeit wieder gerade rückt, ohne sich dabei weiter auf eine Genderdiskussion einzulassen, die auf diese Weise ansosnsten wohl keinen Gewinner zugelassen hätte.

Ansonsten, um das abschließend auch noch mal klar zu sagen: Frauen sind in unserer Gesellschaft gegenüber Männern benachteiligt und es ihr gutes Recht darauf hinzuweisen und dagegen anzugehen. Und dabei müssen sie auch über das Ziel hinausschießen, weil sie ansonsten bestenfalls eine asymptotische Annäherung an ausgeglichene Zustände erreichen. Selbstgerechte Männerkommentare sind da weniger hilfreich. Doch Männer und Frauen sollten nicht vergessen, dass sie beide eines gemeinsam haben: sie sind Menschen.

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10 Responses

  1. LaPaloma says:

    Wenn das heißen soll, dass Sie aus femistisch motivierter Ergebnisorientierung heraus in Kauf nehmen, elementare Grundsätze des Rechtsstaats im öffentlichen Diskurs durch bewußtes über das ZIel hinausschießen massiv zu beschädigen, dann finde ich das dem absolut ehrenwerten Ziel der längst noch nicht erreichten Gleichberechtigung unwürdig.

  2. pooq says:

    Nö, so war’s eigentlich gerade nicht gemeint.

  3. LaPaloma says:

    Echt? Dann ist der Text m. E. leider total verunglückt und bedarf vielleicht der Klarstellung. Die angestrebten Ziele sind ja sicher förderungswürdig, aber so diskreditiert man sie m. E. unnötig.

  4. pooq says:

    Wenn ich mich mißverständlich ausgedrückt habe tut es mir leid, darum will ich nochmal versuchen klarzustellen, was ich aussagen wollte:

    1. In der Genderdiskussion gibt es extreme Positionen von selbstgerechter Männlichkeit und beinahe militanten Feminismus. Zwischen diesen gibt es zuweilen Diskussionen, die in meinen Augen zwar einen gewissen traurigen Unterhaltungswert haben, aber in der Sache verbohrt vorgetragen werden und damit nicht zielführend sind.

    2. Wenn innerhalb solcher Diskussionen das Prinzip der Rechtstaatlichkeit für eine Vorverurteilung nach Augenschein in Frage gestellt wird, ist das in jedem Fall über das Ziel hinausgeschossen, weil so der Willkürherrschaft Tür und Tor geöffnet wird. Insofern habe ich auch Udo Vetter lobend erwähnt, der das gleich versucht hat wieder einzufangen. In den Kommentaren des Artikels bei “medienelite” findet sich die Bemerkung “Manchmal ist es hilfreich, nicht einzelne Aspekte eines Textes sich rauszugreifen und kontextlos zu kritisieren….” in Bezug auf einen vorigen Kommentar, der den Angriff auf den Rechtsstaat kritisiert. Ich denke hingegen, dieser Angriff ist ein wichtigeres Thema als die ganze Genderdiskussion und muss zunächst ausgeräumt werden, bevor man überhaupt weiterdiskutieren kann.

    3. Nichstdestotrotz ist der Anspruch von Frauen auf Gleichberechtigung gerechtfertigt. Um dieses Ziel zu erreichen, können handwerklich auch Positionen eingenommen werden, die mehr fordern als eine reine Gleichberechtigung. Das ist zwar ideologisch fragwürdig, jedoch zeigt die politische und gesellschaftliche Praxis, dass von angestrebten Positionen auf dem Weg dorthin viel verloren geht. Die Möglicherweise unglückliche Formulierung “über das Ziel hinausschießen”, meinte eher etwas wie Forderungen nach Frauenquoten, die ich nicht als richtiges Ziel für eine Gleichberechtigung sehe ( http://www.aerar.de/2011/01/frauen-an-die-macht/ ), aber die als Forderung durchaus Bewegung in die Gleichberechtigungsfrage bringen kann. Eine Abschaffung der Rechtstaatlichkeit hatte ich dabei jedoch in keinem Fall als probates Mittel im Sinn.

  5. LaPaloma says:

    Erstaunlich. Im Nachtrag, der nun bei Herrn Vetter zu lesen ist, wird ja erneut übersteigert versucht, die Aufklärung durch personalisierte Argumentation zu diskreditieren. Ist ja nun wirklich nicht so, als wenn der kategorische Imperativ oder die MIttel-Zweck-Relation entwertet würden, falls Kant Antisemit gewesen wäre. Oder z. B. wikileaks böse dadurch wird, dass Assange ein (wie auch immer geartetes) Sexualleben hat.
    Dieser aggro-Schreibstil ist wirklich kontraproduktiv.

  6. pooq says:

    Wenn man auf die reine Inhaltsebene abstellt vielleicht ja, aber Texte und überhaupt alle Dinge entfalten ihre Bedeutung nicht zuletzt durch den Kontext, in dem sie stehen. Denn Texte haben ja nicht nur eine semantische Ebene, sondern auch einen Geist und einen Aussagewillen. Insofern hätte der kategorische Imperativ tatsächlich eine andere Bedeutung, wäre er, sagen wir es krass, vom “Führer” verfasst worden. Und zwar nicht nur in der praktischen Bedeutung, sondern auch in der tatsächlichen. Auf der rein semantsichen Ebene würde ich Ihnen aber wohl zustimmen.

    Und im aktuellen Fall hat die Autorin nicht a priori Unrecht, wenn sie darauf abstellt, dass Recht zum großen Teil Männerrecht ist. Sie macht nur den von ihnen angedeuteten argumentativen und inhaltlichen Fehler diese Argumentation gegen freiheitliche Grundfesten zu wenden und nimmt dadurch eine unnötigerweise eine unhaltbare Position ein. In diesem Fall überträgt sie tatsächlich zu Unrecht die kontextuelle Ebene auf die semantische und ihre polemische Sprachwahl verstärkt die Ablehnung ihrer Haltung. Auf diese Weise bringt sie sich und ihr Anliegen ins Abseits und es stellt sich tatsächlich die Frage, ob die Autorin nicht mehr auf prinzipielle Konfrontation, denn auf eine Diskussion aus ist. Ich denke, Herr Vetter täte gut daran, auf eine Antwort auf diese Replik zu verzichten.

  7. Thauris says:

    Der Artikel von Straub bestätigt eigentlich nur meine immer wiederkehrende Beobachtung – Männer suchen sich ganz gezielt ihre Muttis – Männer wollen gepampert werden, von der Wiege bis zur Bahre. Wenn er dann das geeignete Opfer gefunden hat, wird geheiratet, auf dass er auch weiterhin in seinem Sinne versorgt und bemuttert werde. Irgendwann tritt aber automatisch der Effekt ein, dass ihm das bemuttert werden auf einmal gar nicht mehr behagt, und er das als Kontrollverhalten seiner Frau in die Schuhe schiebt, ohne zu merken dass er der eigentliche Verursacher ist. Genau in dem Moment fängt er an öffentlich zu klagen und zu lamentieren wie ein kleiner Junge der seinen Willen nicht kriegen kann. Dumm gelaufen!

  8. pooq says:

    Gilt die Beobachtung für alle Männer? Oder für die meisten oder nur für manche? Und ist das bei Frauen anders? Von Geburt an oder ab wann ändert sich das bei ihnen?

  9. JensE says:

    Ich habe mir mal die Texte von Herrn Vetter und Frau Lantzsch durchgelesen und finde es erstaunlich, dass sich Frau Lantzsch in den Kommentaren immer wieder beschwert, Sie würde doch sachlich Argumentieren (“[…] Wichser wie Strauss-Kahn […]”) und man dürfe einzelne Teile Ihres Textes nicht extra herausnehmen.

    Auch wenn Sie im Grunde recht hat … Ihre krawallartigen Textanfälle helfen einfach nicht weiter. Die machen eben diesen Text leicht angreifbar.

    Und da denkt man eine ausgebildete Journalistin (die Ihren Blog auch noch “Medienelite” nennt) könnte zwischen Sachlich und Krawall unterscheiden.

  10. pooq says:

    So sehe ich das auch. Man kann Frau Lantzsch zugute halten, dass sie einen schweren Startpunkt für ihre Argumentation hat, weil sie etwas verändern will, während die “etablierte Männerwelt” lediglich die Zustände zu bewahren braucht. Insofern muss sie auch etwas aufrütteln. Das hatte ich versucht, mit dem letzten Absatz im Artikel aufzugreifen. Frau Lantzsch geht das jedoch völlig falsch an, indem sie mit unnötigerweise mit herabsetzenden Begriffen um sich wirft und einen allumfassenden Verbalfeldzug startet, bei dem das Prinzip der Rechtstaatlichkeit als Kollateralschaden geopfert wird, weil es vermeintlich den Männern mehr dient als den Frauen. Am Ende gibt es nichts mehr, was man diskutieren kann, weil plötzlich alles mit allem verwoben ist. Letztendlich zeigt sich, dass neben der eigentlichen Sachfrage, die Frage des Diskussionsstils einen wichtigen Platz einnimmt. Ich weiß nicht, ob das von der Autorin beabsichtigt war.

    Das mit dem “sachlichen Argumentieren” ist insofern wenig verwunderlich, wenn die Autorin selbst in den Kommentaren behauptet: “Was sachlich und differenziert ist, ist zum Glück Ermessenssache. Ich diskutiere meine Moderationspolitik nicht.” – Es bleibt unklar, was der Nutzer “thinkaboutit” gesschrieben hat, aber wenn es tatsächlich ein diskussionswürdiger Beitrag war, der gelöscht wurde, dann klingt das für mich totalitär.