Belastete Schiedsrichter

“Die Diskussion über die Belastungen der Schiedsrichter läuft aus dem Ruder.”, behauptet die FAZ, allerdings führt sie in meinen Augen dann nur einige Positionen auf, ohne darzustellen, wo die Diskussion aus dem Ruder läuft.

Klar ist, dass Schiedsrichter einen Job machen, an dem die meisten Menschen zerbrechen würden. Sie stehen mitten in einer Arena von zehntausenden Fußballfans oder auch nur Aug in Aug vor ein paar Dutzend alkoholisierten Dorfvereinsanhängern und müssen dort agieren. Im günstigsten Fall erinnert sich nach dem Spiel niemand mehr an den Schiedsrichter, das ist der größte Lohn, der er erwarten kann. Im schlechteren Fall hat er einige vermeindliche oder wirkliche Fehlentscheidungen getroffen und ist der Buhmann des Abends. Und die meisten Fehlentscheidungen ergeben sich hinterher in der Slowmo-Einstellung der Sportschau oder in der selbstvergewissernden Phantasie der Dorfplatzhelden.

Sicher kann man sagen, dass ein Schiedsrichter ja nicht gezwungen wird, Schiedsrichter zu sein. Und das ist auch korrekt. Genauso werden allerdings die ganzen frustrierten Arbeitnehmer, die ihren Job kurz vor dem Burnout in innerer Kündigung betreiben nicht gezwungen, ihren Job zu machen. Und sicher kann man nicht jedem Zuschauer, der einen Schiedsrichter nach einer Entscheidung auspfeift, Hausverbot erteilen.

Jedoch gibt es für den Schiedsrichter mehrere Ebenen, auf denen er angreifbar ist. Das sind die Zuschauer, die Kollegen, die anderen Profis wie Spieler und Trainer und die Medien. Die letztgenannten sind in meinen Augen schon in der Pflicht, ihre Emotionen so weit im Zaum zu halten, dass sie nicht die Person des Schiedsrichters angreifen. Fehler müssen nicht totgeschwiegen werden aber es geht nicht darum, auf einen Sündenbock einzuprügeln. Denn wenn man sein bestes gibt und feststellen muss, dass es nicht gereicht hat, ist man schon einmal selbst mit sich im Unreinen, wenn man dann auch noch vom engeren Umfeld fertig gemacht wird, statt Rückhalt zu bekommen, dann steht man sehr schnell sehr einsam da. Schiedsrichter müssen nicht in Watte gepackt werden, aber man kann sie mit einem Rest Würde und Respekt behandeln.

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