England: Was nun?

Nachdem das Wahlergebnis nun feststeht, stellen sich einige Fragen, wie es denn nun weiter geht auf der Insel. Die erste Frage wurde bereits for der Wahl thematisiert, nämlich ob Gordon Brown selbst unter einer Labour geführten Regierung weiter Premierminister bleiben würde. Brown gilt vielen seiner Landsleute als glücklos und ungeschickt in dem was er anpackt. Zudem fehlt ihm das menschliche, was in England nicht so schlimm wäre, würde er nicht zwei besonders britische Eigenschaften vermissen lassen: Understatement und eine gute Rhetorik. Mit der Abwahl von Brown könnte Labour seine angekratzte Gallionsfigur ersetzen und sich so beim Wähler und für eine mögliche Koalition attraktiver machen. Leider gibt es unter den zahlreichen gehandelten Nachfolgern aber keinen wirklich zwingenden Kandidaten. Außerdem würde Labour, sollten sie die Regierung unter einem anderen Parteichef als Gordon Brown übernehmen, das zweite Mal hintereinander einen Premierminister stellen, den sie nicht offiziell zur Wahl gestellt hat. Zudem muss man sagen, dass Browns Wahlergebnis immerhin nicht ganz so katastrophal ausgefallen ist, wie von vielen vorhergesagt. Und nicht unterschätzen sollte man Browns Fähigkeit, unliebsame politische Situationen auszusitzen.

Viel größer ist das Dilemma, vor dem der liberale Führer Nick Clegg steht. Er hat sechs Sitze im Parlament verloren und ist nun das Zünglein an der Waage. Politisch scheinen die Liberalen Labour näherzustehen als den Konservativen. Allerdings wäre eine Labour-Liberal Regierung immer noch eine Minderheiten Regierung, die sich weitere kleinere Parteien ins Boot holen müsste. Dies ließe sich unter den gemäßigten regionalen Parteien sicherlich noch einigermaßen bewerkstelligen. Viel spannender ist jedoch die Frage, wie die Spin-Doctors die in Koalitionsfragen unerfahrene Öffentlichkeit beeinflussen. Ist das Wahlergebnis als eine eindeutige Absage an Labour zu werten, wie viele behaupten? Ich persönlich denke nicht, denn auch die Konservativen haben keinen eindeutigen Regierungsauftrag bekommen. Würde die öffentliche Meinung dieser Interpretation folgen, wäre eine Koalition mit Labour für den als unverbraucht angetretenen Clegg ein schwerwiegender Sündenfall, der ihm so rasch nicht verziehen würde. Einer, der sich in Ansehen und Wählerstimmen niederschlagen wird. Auf der anderen Seite ist die offene Hand, die die Konservativen den Liberaldemokraten reichen, leer. Außer ein paar Zugeständnissen wird da nicht viel zu erwarten sein. Die Liberalen könnten als unbedeutender Handlanger der Tories schneller abgewirtschaftet sein, als ihre Kollegen in Deutschland “Steuersenkung” sagen können. Selbige Kollegen erfahren das unter der CDU ebenso schmerzhaft wie zuvor die SPD.

Für Clegg ist daher das wesentliche Ziel, eine Änderung des Mehrheitswahlrechts zu erreichen, welches seine Partei massiv benachteiligt. Dieses sollte der einzige Maßstab seiner Entscheidung sein. Wer ihm dieses nicht garantieren kann, der kommt meiner Meinung nach für die Liberalen nicht in Frage. Derzeit haben die Liberalen mit 23% Stimmenanteil (durch taktisches Verhalten der Wähler ist dieser Anteil vermutlich geringer als möglich gewesen wäre) gerade einmal knapp 9% der Sitze bekommen. Da dieses in etwa auch dem Ergebnis der letzten Wahlen entspricht, würde eine “Brown- Abstrafung” zwar vielleicht einige Stimmprozente kosten aber den Sitzanteil im Parlament nachhaltig deutlich erhöhen. Clegg muss meiner Meinung nach alles auf diese Karte setzen, wenn er am Ende nicht mit leeren Händen da stehen will. Denn, ob es in den nächsten 30 Jahren wieder einmal eine Situation gibt, wo es auf die Liberalen ankommt, kann bezweifelt werden.

Übrigens sollten die meisten kleinen Parteien, von denen einige ja mit ins Boot geholt werden müssen, die Änderung des Wahlrechts mittragen, ohne selber Sitze einzubüßen. Das gilt allerdings nicht für die Democratic Unionist Party und Sinn Fein, die allerdings vermutlich schon politisch nicht wirklich in Frage gekommen wären.

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