Geduldsspiele

Computerspielentwickler ist der neue Lokomotivführer. Der Traumberuf, den jeder technikbegeisterte Junge neben Fussballstar und Raumfahrer irgendwann mal kurzzeitig im Leben hat. Doch ist Spieleentwicklung eine schwere Aufgabe, der viele Fähigkeiten erfordert, beginnend vom Gamedesign und endend bei Umsetzung, Marketing und Verkauf. Dummerweise patzen die meisten Hersteller immer noch an einer Problematik, die irgendwo zwischen Gamedesign und Umsetzung liegt, nämlich dem Schwierigkeitsgrad.

Üblicherweise hat ein Spiel erfahrene Spieler, die großes Geschick und taktisches Verständnis haben und zumeist Multiplikatoren für die Verbreitung eines Spiels sind. Daneben gibt es die breite Masse, die am Ende das meiste Geld einspielt und, obwohl eher weniger talentiert, schnelle Erfolge haben will. Spieleentwickler haben das Problem, beides unter einen Hut zu bekommen. Oft endet es mit einer Hinwendung zur zahlenden Masse. So waren die zahlreichen Vereinfachung in “World of Warcraft” mit ein Grund, das Spiel und mein jahrelang gepflegtes Abalathes-Blog zu beenden.

Üblicherweise begegnet man der Problematik durch die Einführung von Schwierigkeitsgraden oder Zusatzaufgaben. Beide sind eine Notlösung, die je nach Umsetzung die größten Auswirkungen lösen kann. Was viele Hersteller dabei vermasseln, ist jedoch eine Verwechselung von Schwierigkeit und Komfort. Ich erinnere mich an das Spiel “The Great Gianna Sisters” auf dem Amiga, das irgendwo nach einer halben Stunde Spielzeit in Level Paar-und-Drölfzig die erste für mich problematische Stelle enthielt. Je nachdem, ob ich sie schaffte oder nicht, konnte ich das Spiel dann an dieser Stelle beenden und eine weiteren halbstündigen Anlauf planen. Ähnlich, wenn auch nur mit einem Anlauf von jedesmal 45 Sekunden, geht es mir zur Zeit bei Rovios “Bad Piggies” – beide Spiele habe ich irgendwann genervt und frustriert aufgegeben und kann sie trotz hohem Unterhaltungswert nicht wirklich weiter empfehlen. Dabei wäre die Lösung eigentlich recht einfach: man müsste den Spielfortschritt nach Belieben speichern können.

Ein anderes Problem tritt bei den meisten Strategiespielen auf. Hier kann man außerdem oft gegen andere Spieler spielen. Eine Zeit lang war ich recht gut im Ranking bei “Command & Conquer”, einem der ersten gut funktionierenden Strategiespiel. Das Problem hier war wie in so vielen Spiel, dass ab einem bestimmten Niveau die meisten Einheiten im Spiel ineffektiv und damit uninteressant waren. Auf der bösen NOD-Seite spielte man etwa die kleinen Panzer (Tank-Rush) oder die Flieger (Plane-Rush), ebenso war es auf der guten Seite, wo man neben dem Tankrush noch einen gewagten Fregatten-Rush versuchen konnte, wenn die Map das hergab. Alle anderen Einheiten waren gut gemeint und kaum genutzt. Ähnlich war es in Microsofts “Empire Earth”, wo wir bald dazu übergingen, als Hausregel immer mehr der effektivsten Einheiten zu verbieten, um mehr Abwechselung in den Partien zu schaffen. Auch hier gibt es eine einfache Lösung: einen Einheiten-Editor. Dieser wird leider viel zu selten eingebaut. Bei “Civilization V” fiel mir schließlich nichts besseres ein, als die Einheiten-Werte in den XML-Dateien zu ändern.

Insgesamt gibt es zahlreiche dieser Probleme, die Spiele meist zu einfach, oder ab und zu auch unschaffbar machen. Die Eintönigkeit und Langeweile aufkommen lassen, weil das Balancing nicht stimmt. Da ist es kein Wunder, dass die wenigsten Mehrspieler-Spiele es überhaupt versuchen, Regelungen zu finden, wo erfahrene Spieler gegen Anfänger spielen können, ohne dass es für den einen langweilig und für den anderen frustrierend wird. Spiele, die allzuschnell langweilen oder frustrieren, sind jedoch leider ihre Zeit und ihr Geld nicht wert und schade um die Mühen, die man sich sonst bei ihrer Entwicklung macht. Denn der Spaß am Spiel misst sich meist am schwächsten Punkt, und da kann es schon reichen, wenn die Illusion hinter der künstlichen Intelligenz auffliegt, um den Spielspaß zu verderben.

You may also like...