Katze entlaufen, Kater vermisst

Immer wenn ich auf der Straße oder im Internet eines der rührenden “Wer hat Miezi gesehen?”-Steckbriefe sehe mit einem possierlichen Suchfoto und einer Beschreibung des vermissten Tieres und der Umstände seines Verschwindens, dann ertappe ich mich zuweilen, wie ein kleiner böser Teil in mir klammheimlich so etwas wie Genugtuung empfindet. Ein entflogener Wellensittich oder ein Hund, der sich von der Leine losgerissen hat, das kann ich noch mit dem gebotenen Maß an Empathie nachvollziehen, sogar eine Katze ginge, wenn ich wüsste, dass unachtsam eine Tür oder ein Fenster aufgelassen wurde, welches dem Tier zur ungewollten Flucht verhalf. Aber sobald ich Formulierungen lese wie “ist von seinem nächtlichen Rundgang in der Nachbarschaft nicht mehr zurückgekehrt”, dann denkt dieser kleine böse Teil in mir: “Recht so! Warum lasst ihr Eure Scheißviecher auch draußen herumlaufen?”.

Ich weiß, es ist sehr böse, so etwas zu denken. Doch wenn ich ständig gucken muss, ob die Balkontüre wirklich geschlossen ist, weil ich ansonsten irgendwelche Katzen in der Wohnung habe und wenn ich an die vielen Katzen denke, die in Kindersandkisten kacken und Vogelnester ausräumen, dann hält sich mein Mitleid doch in engen Grenzen. Wer seine Miezi in der Nachbarschaft herumstromern lässt und assozialer Weise davon ausgeht, dass das schon in Ordnung geht, darf sich am Ende nicht wundern, wenn die Welt da draußen eben nicht immer so katzenfreundlich ist, wie es Katzenbesitzer stillschweigend voraussetzen.

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