Metaebene: Learning by doing

Wer ist die Metaebene?

Ich bin ja ein treuer WoW-Spieler, was schon allein daran liegt, dass ich meist nicht die Zeit habe, mir andere Rollenspiele genauer anzusehen. Trotzdem lese ich natürlich auch Artikel über andere Spiele und schaue Trailer, um mir einen Eindruck zu verschaffen. Als ich neulich ein Fan-Movie von Skyrim geschaut habe, war ich von der Grafik sehr beeindruckt und das einzige, was störte, war dass der Spieler im Video ständig unnötigerweise irgendwelche Lichteffekte erzeugte. Bis mir schließlich klar wurde, das er anscheinend versucht, beim Laufen nebenbei seine Zauberfähigkeit durch Anwendung der Zauber zu verbessern. In diesem Moment war Skyrim für mich gestorben, denn “Learning by doing” ist für mich eines der schlimmsten und abstoßendsten Konzepte im Rollenspiel.

Dabei ist die Grundidee nicht mal schlecht, sondern erscheint auf den ersten Blick sogar zwingend zu sein, denn wie sollte man denn etwas lernen, wenn man es nicht anwendet? Ist doch im wirklichen Leben auch so. Zum Glück ist, dass aber kein zwingender Grund, das dann auch in ein Spiel zu übernehmen, denn auch wenn das Konzept realitätsnäher ist, hat es ein paar entscheidende Nachteile, die für mich eine Menge Spielspaß nehmen. Diese Erfahrung habe ich zuerst bei “Harnmaster” gemacht, das mich schließlich so angeödet hat, dass ich danach auf Jahre die Pen&Paper-Rollenspiele beiseite gelassen habe. Später wurde das Konzept immer mal wieder in Computer-Rollenspielen aufgegriffen, die ich dann auch nicht lange gespielt habe.

Im Prinzip gibt es zwei Dinge, die ich als Nachteil empfinde. Das erste ist, dass sich das realistische Konzept beißt mit dem Anspruch, im Spiel aufzusteigen und besser zu werden. Man muss kein Hardcore-Nerd sein, um die Freuden eines Stufen- und Fähigkeitenanstiegs zu schätzen zu wissen und nur den eingefleischtesten Rollenspiel-Rollenspielern wird eine solche merkliche Charakterentwicklung komplett nebensächlich sein. Wenn die Steigerung jedoch durch Anwendung erfolgt, dann muss man ständig anwenden, wie der Spieler im oben genannten Video. Bei Ultima meine ich mich zu erinnern, dass man stundenlang sinnlos Wälder abgeholzt hat, um Stärke zu steigern und ständig hackt und zaubert man, um endlich seine Fähigkeiten so weit zu entwickeln, dass sie im Ernstfall dann brauchbar sind. Was mich also konkret stört ist, dass man dazu verleitet ist, stupiden monotonen Unsinn zu tun, um etwas zu erreichen.

Der zweite Nachteil tritt hauptsächlich ein, wenn das System versucht, den oben genannten Nachteil dadurch einzuschränken, dass nur “sinnvolle” Aktionen zu einem Lerneffekt führen. Das geht dann völlig in die Hose, denn zum einen wird die gewonnene Realität dabei wieder über Bord geworfen. Wenn ich einen Baum zum Bau eines Bootes oder für ein Lagerfeuer fälle, lerne ich etwas, wenn ich hundert Bäume aus Lust und Dollerei umhaue, ist der Lerneffekt nicht vorhanden? Das ist nicht nur unlogisch, sondern führt auch zu endlosen Diskussionen mit dem Spielleiter, ob eine Aktion sinnvoll war und zu Verrenkungen der Spieler, wie man die eigenen Aktionen irgendwie als sinnvoll verkaufen kann. Für ein Computerrollenspiel ist es noch schwieriger, “sinnvoll” und “unsinnvoll” zu trennen und hier kann ein Spieler nicht einmal mehr diskutieren, wenn er anderer Meinung ist.

Wenn dann trotzdem nur “sinnvolle” Aktionen zählen, führt das zu einer sehr eingleisigen Charakterentwicklung. Denn die Dinge, die man kann und regelmäßig benutzt, werden immer weiter gesteigert, wenn man jedoch etwas Neues lernen will, hat man eine endlose Durststrecke, bis man mit der neuen Fähigkeit mal irgendetwas reißen kann. Denn niemand benutzt die neuerworbene Axt im Kampf gegen die Monsterübermacht, wenn er eigentlich Fernkämpfer ist, es sei denn, er ist sehr schmerzbefreit was eigene Tode angeht. Bei fremden Toden wird es dann noch schwieriger und der neu selbsternannte Heiler wird es schwer haben, verletzte Gruppenmitglieder zu finden, die sich seinen Quacksalberfähigkeiten aussetzen, wenn es doch Heiltränke und professionelle Heiler gibt.

Auch WoW verwendet zum großen Teil Learning by Doing und tatsächlich sind das auch die Spielbestandteile, die komplett missraten sind. Wer eine neue Waffenfähigkeit lernt, macht eben eine Weile keinen Schaden, weil er niemanden trifft. Weil WoW jedoch sehr spielerfreundlich ist, stirbt man bei den meisten Mobs wenigstens nicht (oder geht in irgendein Startgebiet), sondern muss nur eine Stunde sinnlos Zeit verschwenden. Beim Angeln ist es genauso, wobei der Zeitaufwand eher in Spieltagen zu messen ist. Ausgerechnet das Handwerk ist noch einigermaßen gelungen, weil es einen Materialaufwand erfordert und damit eigentlich ein Kauf- und Investitions-Lernen ist. Das sinnlose Herstellen dutzender gleichartiger Gegenstände ist da eben nerviges Beiwerk.

Alles in allem ist Learning by doing also eine tolle Idee, die einfach nicht gut funktioniert. Den Realismus, den sie auf den ersten Blick verspricht, kann sie auf den zweiten Blick nicht einlösen. Und Realismus hat irgendwo auch Grenzen, denn niemand möchte ernsthaft, dass sein Lieblingsheld mitten in der Instanz vor einem Bosskampf die Gruppe für eine Viertelstunde mit den Worten verläßt: “Kann gleich weitergehen, aber Durkan der Große muss eben mal für kleine Krieger.”

Oder wie seht ihr das?

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7 Responses

  1. Kai says:

    Ich sehe das genau so wie Du. In WoW sind die meißten Dinge dieser Art zum Glück abgeschafft worden. Mit Cataclysm sogar das nervige Waffen skillen. Man hat jetzt bei einer neuen Waffenart immer gleich von beginn an den höchsten Waffenskill für seine Stufe. Das finde ich sehr praktisch, denn so ist eine neue Waffe sofort nutzbar.

    lg

    Kai

  2. Montbron says:

    Sinnlose Aktivitäten hasse ich auch. Aber normalerweise skillt man ja Handwerk und Fähigkeiten beim Leveln. Es sollte halt mit etwas sinnvollem verbunden sein. So habe ich immer gern geangelt um mir zum Level passendes Buff-Futter zu kochen. Macht aber kaum jemand sonst gern.
    Wenn man aber stundenlang Level 1 Wölfe töten muss um Dolch auf 300 zu skillen, um dann endlich den neuen Dolch anzulegen, ist das Design falsch.
    Andererseits: warum sollte ich mit einer neuen Waffe gleich genauso erfolgreich sein wie jemand, der damit seit Jahren schnetzelt?

  3. Metaebene says:

    Das mit der Änderung bei den Waffenskills hatte ich noch gar nicht bemerkt. Das kommt davon, wenn man nur mit einem Main spielt, der dazu noch Hexenmeister ist.

    Das mit den Waffenskills hat man bei WoW aber in meinen Augen trotzdem irgendwie verschenkt, weil ich den Unterschied zwischen einem hohen und einem noch höheren Skill im Spiel nicht recht bemerken kann. Ich habe irgendwie den Eindruck, dass man mit einem niedrigen Skill nie trifft, aber sobald man eine gewisse Grenze erreicht hat, macht der Waffenskill keinen Unterschied, sofern man nicht auf die Waffenerfolge aus ist. Und insofern ist der Skill, soweit ich das sehe, komplett überflüssig. Aber wie gesagt, vielleicht ist meine Einschätzung da falsch, denn ich kämpfe ja quasi nie mit Waffen, sondern habe sie eigentlich nur wegen der Boni.

    Auch das Angeln ist irgendwie merkwürdig, da ich keinen Unterschied in Angelzeit oder Angelerfolg mit steigendem Skill feststelle. Der einzige Unterschied scheint die Skillbindung an den Angellocations zu sein. Insofern ist das Angeln zwar Learning by doing, aber es nervt meist nicht, da es kaum einen Grund gibt, weshalb man Angeln steigern sollte. Ich glaube, in der Praxis nutzt man es entweder gar nicht (oder nur bei bestimmten Sonderquesten, wo der Skilllevel meist egal ist) oder man angelt sich regelmäßig sein Bufffood und hat dann automatisch den Levelanstieg. Die einzig dumme Situation ist, wenn man einen Level 85 Helden mit Angellevel 1 nachträglich zu einem Fisch-Versorger machen will.

    Aber bei WoW steigern zum Glück die Hauptfähigkeiten nicht by doing. Es wäre schrecklich, wenn ich 1000 Level 1 Helden grillen müßte, um meinen Feuerball zu steigern oder zwei Tage lang den Dämonen beschwören muss und fortschicken, um das Beschwören zu steigern.

    Natürlich kann es immer Spielelemente geben, die einzelne Spieler als nervig und stupide betrachten (etwa generell das Leveln oder das Farmen von Marken oder Materialien), aber das ist dann ein Teil des Spielkonzepts, das eben am Ende auch dazu führen soll, dass ein langgedienter Held eben besser und erfahrener ist als ein Frischling. Ich glaube die Abgrenzung zu Learning by doing besteht hauptsächlich darin, wie sinnvoll etwas ist und ob es sich mit dem deckt, was ich ohnehin mit einem Helden im Spiel tun wollte. Wenn ich also etwas nur(!) deshalb tue, um aufzusteigen, dann ist es für mich kein Spielspaß mehr, sondern Arbeit. Ein gutes Kriterium für die allgemeine Meinung dazu scheint mir zu sein, ob sich die Tätigkeit im Angebot der China-Farmer befindet.

    Allerdings hat WoW durch das Talentbaumsystem einen anderen Nachteil, nämlich zum einen, dass die Charakter (einer Klasse) alle sehr ähnlich werden und man quasi nur durch Ausrüstung aufsteigen kann und dass man auf die Klasse festgelegt bleibt – also Mischklassen nur soweit möglich sind wie es die Talentbäume hergeben. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema.

  4. Kai says:

    Also den Waffenskill gibt es ja seitdem eigentlich nicht mehr, soll heißen man macht mit seiner Waffe immer max. Schaden entsprechend dem Level.
    Das Angeln ist auf Höchststufe schon sehr fein, da quasi alles Bufffood über Fische hergestellt wird. Zudem kann man damit einen Haufen Gold im AH machen. Hab mit einer Stunde Angeln letztens fast 6000 Gold im AH umgesetzt :-).

    Was die Talentbäume angeht, so werden siese ja mit dem nächsten Addon kpomplett neu implemetiert, mit der Hoffnung das durch mehr frei wählbare Talente so eine individuellere Skillung möglich sein wird. Das Konzept dazu klingt sehr vielversprechend, auch wenn es zunächst erst einmal so aussieht als wenn man weniger Wahlmöglichkeiten als jetzt hat. Ich bin schon sehr gespannt drauf und ich glaube es könnte sich bewähren.

    lg

    Kai

  5. Tina says:

    So wie das ganze hier beschrieben wird, ist es gar nicht. Wer Skyrim gespielt hat weiß, dass zum aufleveln bestimmter Fähigkeiten kein grinden von nöten ist. Das ganze passiert nebenbei, während man questet oder einfach die Welt erkundet… Leute die auf irgendeine Art Fähigkeiten doof beim laufen skillen, sollte man den Computer wegnehmen. Das System ist super umgesetzt und ich für meinen Teil, habe mir niemals Gedanken um zu niedrige Skillpunkte machen müssen. Wer vielleicht aufgrund von Erfahrungen mit dem Vorgänger Oblivion abgeschreckt sein könnte, dem kann ich nur sagen … alles besser umgesetzt.

    Das Spielerlebnis ist super und man fühlt sich nie vom System gefangen… diese Art von Rollenspielen, die du/ihr da beschreibt, gibt es schon seit Jahren nur noch vereinzelt und schon lange nicht mehr im großem “Mainstream” Rahmen.

    und wer in WoW nen Angelskill von xxx hat… der sollte doch auch mit den ärgsten “learning by doing” RPs keine Probleme haben…

  6. Metaebene says:

    Ich habe Skyrim ja nicht gespielt, sondern nur das Video gesehen. Und nach dem was du schreibst scheint es ja auch so zu sein, dass man quasi nebenher “learning by doing” betreiben kann. Mir ging es nicht darum, konkret Skyrim oder auch Wow insgesamt zu bewerten, sondern das “Learning by doing”-Konzept.

    Denn letztlich ist es ja so, dass ein System mit vielen Spielern immer auch ausgenutzt wird. Wenn “learning by doing” im Laufen möglich ist und Vorteile bringt, wird es immer genügend Spieler geben, die es auch machen. Als “normaler” Spieler muss man dann damit leben, dass man eben eventuell schlechtere Werte hat als solche Spieler. Andererseits ist ein Erfahrungspunktesystem auch nicht das Allheilmittel, denn dort wird die gleiche Sorte Spieler dann eben das grinden von XP optimieren.

    Für mich als Spieler ist das Dilemma jedoch weitgehend unabhängig davon, was andere Spieler tun. Ich will “sinnvoll” spielen, also möglichst wenig grinden. Doch in einem learning by doing-System führt das meist dazu, dass ich bestimmte Fähigkeiten, die man nicht ohnehin regelmäßig braucht, kaum steigern kann und wenn ich sie dann mal brauche, habe ich sie nicht. Im Erfahrungspunktesystem kann ich hingegen stärker selbst die Schwerpunkte setzen, was ich können will. Für mich bedeutet das meist mehr spielerische Freiheit.

  7. Kaffeebank says:

    haha ich kann mich noch an wow classic zeiten erinnern wo ich stundenlang auf einen höheren char mit meiner waffe gehauen habe um die fertigkeit zu erhöhen.