Das flattr-Experiment

Über flattr

Flattr ist vor etwa zwei Jahren angetreten, um einen Spendendienst im Internet zu etablieren. Dabei sollte es Besuchern von Webseiten auf einfache Weise ermöglichen, dem Webseitenbetreiber eine kleine finanzielle Anerkennung zukommen zu lassen. Innerhalb kürzester Zeit sind einige große Blogs und dann sogar die taz auf diesen Zug aufgesprungen und haben flattr, insbesondere in Deutschland, zum bekanntesten Dienst (Link nicht mehr gefunden) dieser Art werden lassen. Tatsächlich meldeten die ersten Webseiten bald Erfolge und Einahmen im dreistelligen, später gar im vierstelligen Bereich.

Meine flattr-Erfahrungen

Ich habe mich ebenfalls bei flattr angemeldet und den flattr-Button auf fast allen meinen Seiten eingebunden. Mittlerweile habe ich den Button jedoch auf den meisten Seiten wieder entfernt, weil er sich nicht lohnte. Erstaunt hat mich dabei insbesondere, das innerhalb eines Jahres weder die häufig besuchte Linksammlung noch das WoW-Wiki, das in dieser Zeit immerhin eine Million Seitenaufrufe hatte, auch nur einen einzigen Klick bekommen hat. Es scheint also flattr ein Phänomen zu sein, das nur bei (tages-) aktuellen Formaten funktioniert. Allerdings haben auch mein Rollenspielblog und mein Politikblog nur insgesamt drei flattrs bekommen und das auch nur als direkte Folge der Ankündigung, das ich einen solchen Button eingebaut habe.

Was eine gute Idee war

Die Grundidee von flattr ist eigentlich gut und basiert auf dem Micropayment-Gedanken. Webseiten-Besucher sind häufig bereit, gute Inhalte zu entlohnen. Allerdings wollen sie dabei möglichst keinen Handlungsaufwand haben und außerdem haben viele Artikel eben genau einen Wert im Cent-Bereich für den einzelnen Besuchern. Wenn man täglich hunderte Webseiten aufruft, kann man auch nicht jeder Seite einen Euro zukommen lassen. Aber eben Cents, die sich mit den Cents der vielen anderen Besucher zu einem Euro summieren konnten.

Was nachgebessert wurde

Da flattr zunächst nur in der Blogossphäre bekannt war, stellte sich bald die Frage, ob sich die Blogger lediglich das Geld gegenseitig im Karusselsystem zuschieben, zumal jeder Geldempfänger zu Beginn selbst mindestens zwei Euro im Monat spenden musste. Diese Mindestabgabe schaffte flattr jedoch glücklicherweise später ab und dem Anschein nach ist das Spendenaufkommen dadurch nicht komplett ausgetrocknet, wie es einige befürchtet hatten. Flattr funktionierte also.

Allerdings begann flattr nach der anfänglichen Euphorie zu stagnieren, weil jeder, der es wollte, bereits Mitglied war und jeder, der es nicht mehr wollte, wieder absprang. Dagegen konnte flattr nicht wirklich etwas tun. Die Einführung einer Möglichkeit “Nutzer” generell zu flattrn und das sogar, wenn sie noch gar keine Nutzer waren, lohnte sich vermutlich genausowenig wie die Möglichkeit, flattr mit Hilfe von QR-Codes in die Offline-Welt zu bringen. Wobei beide Ideen durchaus so kreativ waren, dass man sie als revolutionär bezeichnet hätte, wenn sie denn Erfolg gehabt hätten.

Warum flattr sich nicht durchsetzt

Als ich mein persönliches flattr-Experiment gestartet habe, habe ich bald darauf acht Thesen über flattr formuliert. Da sich die meisten davon bewahrheitet haben, kann ich mit Verweis auf diese Thesen meine Analyse hier kurz halten. Und die ist banal einfach: Flattr hat einfach nicht die nötige Verbreitung und ist daher in seinem jetzigen Zustand überflüssig, weil man sein flattr-Geld eben nur auf bestimmten Webseiten loswerden kann.

Die Erklärung dafür ist vielleicht am besten bei den Webseitenbetreibern zu suchen. Denn es gibt nur wenige Webseiten, wo sich flattr lohnt, nämlich Webseiten, die eine große Verbreitung haben, aber die ihren Besuchern keine Massenwerbung zumuten wollen. Und davon gibt es nur ein paar Dutzend und wenn man das mal ehrlich beobachtet, sind das die Seiten, wo man den flattr-Button findet und wo man ihn benutzt.  Bei diesen macht es jedoch mehr Sinn, den Betreibern rechtzeitig vor Weihnachten 15 Euro zu überweisen als das durch flattr unzähliger Einzelartikel zu tun.

Kleinere Seiten haben faktisch keine flattr-Einnahmen und für andere Seiten lohnt sich Werbung einfach mehr, weil ein flattr-Button eben auch Ladezeit und wertvolle Werbefläche beansprucht. Insofern beißt sich das Problem logischerweise auch in den Schwanz, denn wenn es zu wenige Seiten gibt, die man flattrn kann (und die damit auch Werbung für den flattr-Button machen), dann lohnt sich der Button für Spender immer weniger. Und es ist auch nicht wirklich abzusehen, dass sich das ändert. Im Gegenteil beobachte ich eine gewisse Ermüdung beim Thema flattr, was ich nicht zuletzt daran bemerke, dass es immer weniger Webseitenbetreiber gibt, die sich die Mühe machen, ihre Einnahmen zu veröffentlichen.

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5 Responses

  1. October 15, 2011

    […] flattr-Charts werden anscheinend langsam aber sicher immer kleiner, wobei ich allerdings diesmal auch etwas weniger Zeit hatte, sie zusammenzustellen. Ich hoffe, dass […]

  2. February 1, 2012

    […] Insgesamt scheint sich flattr für Blogs immer weniger zu lohnen. Und auf die Frage warum das so ist, habe ich ja bereits Mutmaßungen angestellt.                                                   var flattr_btn = “compact”; var flattr_uid = “24834”; var flattr_tle = “Flattr”; var flattr_dsc = “Ich habe flattr in der letzten Zeit ein wenig aus den Augen verloren, nachdem ich die flattr-Charts eingestellt habe und auch den flattr-Button auf de …”; var flattr_cat = “text”; var flattr_lng = “de_DE”; var flattr_tag = “Internet,flattr,Blogs,Webseite,Webmaster”; var flattr_url = “http://www.pooq.org/fyi/2012/02/flattr/”; var flattr_hide = “false”; Facebook-Like-Button […]

  3. February 10, 2012

    […] Nische konnte das junge Unternehmen aus Malmö bisher nicht verlassen, und die Zahl kritischer und enttäuschter Erfahrungsberichte hat in den letzten Monaten merklich zugenommen. Mitgründer und Frontfigur Peter […]

  4. May 2, 2012

    […] Allerdings, auch wenn Tim Pritlove sich selbst gegen die Behauptung ausspricht, er sei ein Leuchtturm-Fall, sprich einfach nur eine Ausnahme, denke ich doch, dass er genau das ist. Nur wenige scheinen weiterhin vom flattr-Kuchen etwas abzubekommen und so scheinen mir umgekehrt die flattr-Buttons auf den kleinen Webseiten auch wieder zum großen Teil verschwunden. Als Massenbezahlsystem ist flattr in meinen Augen damit auch weiterhin meilenweit von einem praktischen Nutzen entfernt, aber möglicherweise eignet es sich doch als Bezahlsystem im “halbprofessionellen” Bereich. Ich bleibe trotzdem weiterhin kritisch.                                                   var flattr_btn = “compact”; var flattr_uid = “24834”; var flattr_tle = “Flattr-Einnahmen im April 2012”; var flattr_dsc = “Eigentlich hatte ich schon in letzten Monat aufgehört, meine Flattr-Einnahmen zu veröffentlichen. Einfach deshalb, weil sie doch seit etwa einem hal …”; var flattr_cat = “text”; var flattr_lng = “de_DE”; var flattr_tag = “flattr,Tim Pritlove”; var flattr_url = “http://www.pooq.org/fyi/2012/05/flattr-einnahmen-im-april-2012/”; var flattr_hide = “false”; Facebook-Like-Button […]

  5. June 11, 2012

    […] Einnahmen verzeichnen, weshalb ich die flattr-Buttons ebenfalls weitgehend von allen Webseiten entfernt habe. Gibt es eigentlich einen Rettungsschirm für defizitäre […]